Viele Unternehmen verlagern Lieferketten in Richtung Europa. Sie bauen zugleich verstärkt moderne Lagerkapazitäten auf. Wie sie damit nicht nur schneller ihre Kunden beliefern, sondern auch ihre CO2-Emissionen reduzieren, erklärt Jörg Steinhoff, Leiter Transport und Logistik bei der Deutschen Leasing.
Herr Steinhoff, im Zuge der Coronakrise nahmen Berichte über Nearshoring zu. Hält dieser Trend weiter an?
Jörg Steinhoff: Eindeutig ja. Viele Unternehmen stellen ihre Lieferketten breiter auf. Die Unternehmen beschäftigen sich sehr intensiv mit den Themen Friend-, Near- und Onshoring. Das heißt, sie suchen vermehrt nach Lieferanten, die in befreundeten Demokratien produzieren, das wäre dann Friendshoring. Sie schauen sich aber auch in Europa um (Nearshoring) oder holen zum Teil auch die Produktion zurück nach Deutschland (Onshoring). Alle drei Wege zielen darauf ab, die Lieferketten resilienter aufzustellen.
Zuletzt waren es keine Corona-Maßnahmen und geschlossene Häfen, sondern Angriffe auf Handelsschiffe im Suezkanal, die die globale Logistik massiv gestört haben. Wie reagieren Unternehmen darauf?
Jörg Steinhoff: Die ehrliche Antwort lautet: Kaum einer wird sich ganz davon abkoppeln können, auch nicht durch Friend- und Nearshoring. China und Asien werden wichtige Handelspartner bleiben. Und es wird voraussichtlich immer wieder Störungen wichtiger Handelsstraßen geben. Wegen der angesprochenen Angriffe auf Schiffe hat sich der Warenverkehr über den Suezkanal zeitweise mehr als halbiert. Am ehesten versuchen Unternehmen, sich gegen solche Schocks zu wappnen, indem sie in Lager und Logistik investieren. Lager etwa werden in einem hohen Maße automatisiert, damit sie sich mit IT effizient steuern lassen. Rund ein Viertel der Investitionen eines neuen Lagers gehen in die IT. Zuletzt hat die Dynamik allerdings etwas nachgelassen, weil die Kosten so stark gestiegen sind.