Hohe Kosten für Personal und Software
Doch es bleibt dabei: Die neuen Regeln verlangen auch Unternehmen mit den besten Absichten eine Menge ab. Einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, die Daten zu erheben und zu strukturieren kostet Zeit und Geld. Für die unmittelbar betroffenen 13.000 großen Unternehmen und Genossenschaften hat das BMJ etwa eine Schätzung abgegeben: 748 Millionen Euro als einmaliger Erfüllungsaufwand werden dort kalkuliert, sowie laufende Kosten von 1,4 Milliarden Euro pro Jahr.
In ihren Stellungnahmen zum Entwurf des CSRD-Umsetzungsgesetzes gehen viele Unternehmens- und Branchenverbände allerdings davon aus, dass es noch teurer wird. „Mit Blick auf bereits ergriffene Maßnahmen in den Unternehmen ist davon auszugehen, dass dieser Betrag noch deutlich unter den tatsächlichen Ausmaßen der administrativen Belastungen durch die Richtlinienumsetzung liegt“, schreibt etwa die Stiftung Familienunternehmen und Politik. Zudem spare „der im Referentenentwurf prognostizierte Erfüllungsaufwand den beachtlichen indirekten Aufwand völlig aus, der durch die mittelbare Betroffenheit von kleinen und mittleren Unternehmen in der Wertschöpfungskette der berichtspflichtigen Unternehmen entsteht“, ergänzt die Bundessteuerberaterkammer.
Immerhin kommt der Vorschlag des Justizministeriums der Wirtschaft entgegen, indem er die neuen Berichtspflichten mit denen verzahnt, die durch das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz entstehen. So soll vermieden werden, dass Unternehmen zwei inhaltlich sehr ähnliche Berichte nach unterschiedlichen Standards erstellen müssen.
Nachhaltigkeit verändert Geschäftsmodelle
Ganz darum herumkommen werden Unternehmen aber nicht. „Wichtig ist es, jetzt anzufangen“, sagt Rumpel. Sowohl mit der Erhebung von ESG-Daten als auch mit Projekten und Maßnahmen, die die Nachhaltigkeit steigern. „Und zwar gar nicht so sehr, weil die Regulierung es verlangt, sondern weil es die Wettbewerbsfähigkeit verbessert“. Um zu verdeutlichen, wie schnell sich Rahmenbedingungen ändern können, vergleicht Rumpel die Dekarbonisierung oft mit der Digitalisierung. „Deutschland möchte im Jahr 2045 treibhausgasneutral sein, also in 21 Jahren. Wenn ich 21 Jahre zurückblicke, sehe ich gewaltige technologische und gesellschaftliche Veränderungen.“ Das meistverkaufte Auto im Jahr 2003 war der VW Golf. Apple hatte gerade den iPod auf den Markt gebracht. Wer einen Film sehen wollte, ging ins Kino oder in die Videothek. Und erst jeder zweite Deutsche hatte überhaupt einen Internetzugang. „Was seitdem passiert ist, hat viele Geschäftsmodelle massiv verändert – oder sogar überflüssig gemacht“, so Rumpel.
In ihren Beratungsgesprächen thematisieren seine Kolleginnen und er deshalb immer auch, wie sich Klimawandel, Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit auf die Geschäftsentwicklung eines Unternehmens auswirken können. „Die Berichte werden Pflicht. Aber die Strategie auf Nachhaltigkeit auszurichten, ist weit mehr als nur die Kür“, sagt er.