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ESG Risikomanagement

Auf dem Weg zu neuen Standards: Wie ESG das Risikomanagement verändert

Interview mit Sonja Kardorf, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Leasing AG

Die wachsenden regulatorischen Vorgaben verändern auch das Risikomanagement der Deutsche Leasing. Nachhaltigkeitsrisiken müssen in das Risikomanagement integriert, erfasst, bewerten und gemanagt werden. Kein leichtes Unterfangen, schließlich gibt es hierfür noch keine einheitlichen Ansätze und Methoden. Wie geht die Deutschen Leasing mit diesem komplexen Thema um? Sonja Kardorf, Vorstandsmitglied der Deutschen Leasing, kann dies beantworten.

Redaktionsteam: Frau Kardorf, sind Nachhaltigkeitsrisiken „neue“ Risiken? 

Sonja Kardorf: Zunächst einmal wurden zahlreiche Nachhaltigkeitsaspekte auch früher schon in der Risikoperspektive berücksichtigt. Schon lange bevor die Finanzierung von Waffen oder Rüstungsgütern beispielsweise unter dem Aspekt Nachhaltigkeitsrisiko betrachtet wurde, haben wir nicht in waffenbezogene Geschäfte investiert – vor allem aus ethischen Gründen. Nichtsdestotrotz müssen Nachhaltigkeitsrisiken heute anders erfasst und „geflaggt“ werden - auch wenn es nicht immer neue Risiken sind.  
 
Nachhaltigkeitsrisiken sind auch keine neue Risikogattung für uns, sondern Querschnittsrisiken, die prinzipiell alle Risikoarten direkt oder indirekt betreffen und somit unterschiedliche Geschäftsbereiche und -prozesse tangieren können. In unserem Tagesgeschäft sehen wir, dass Kunden immer häufiger Risiken aus den Dimensionen E, S und G ausgesetzt sind. Am deutlichsten zeigen sich die Auswirkungen von Umweltrisiken, besonders bei Unternehmen im Agrarsektor. Lange Hitzeperioden führen zu Dürre und diese wiederum zu Ernteausfällen bei Agrarkunden. In manchen Regionen Osteuropas sind etwa 80 Prozent unserer Kunden im Agrarsektor tätig; dies verdeutlicht die hohe Relevanz von Umweltauswirkungen in dieser Region.

Die Regulatorik verlangt eine Quantifizierung statt einer rein qualitativen Beschreibung der Risiken. Vor welche Herausforderungen stellt uns diese Anforderung? 

Sonja Kardorf: Die Bewertung von ESG-Risiken zählt für uns tatsächlich zu den größten Herausforderungen. Wir benötigen jede Menge Daten, müssen in der Lage sein, diese zu erheben und in die bestehenden Systeme zu integrieren. Aus unseren Analysen gilt es dann strategische Empfehlungen abzuleiten – sowohl intern für das Management als auch extern gegenüber unseren Kunden. Um dies gewährleisten zu können, müssen wir gleichermaßen in Fachkräfte und IT investieren. 

Außerdem ist der Prozess der Identifikation von Nachhaltigkeitsrisiken komplex und die damit verbundenen inhaltlichen Überlegungen sind anspruchsvoll. Nicht jeder Fall ist eindeutig, zudem fehlen allumfassende Standards. Nehmen wir z.B. noch einmal den Ausschluss von Investitionen in die Waffenindustrie als Beispiel. Vor dem Hintergrund der aktuellen Konflikte in der Ukraine und im Gaza-Streifen sowie in dem Bewusstsein, dass Verteidigungsfähigkeit sehr wichtig geworden ist, kann eine potenzielle Finanzierung von Produktionsanlagen in der Rüstungsindustrie eine neue Bewertung erfahren. Einige Wettbewerber überdenken daher aktiv ihre Kriterien. Auch unter den Mitarbeitenden der Deutsche Leasing gibt es unterschiedliche Ansätze, Überzeugungen und individuelle ethische Maßstäbe. Es braucht daher eine klare Guidance seitens der Geschäftsleitung, was im jeweiligen Institut gewünscht ist.  

Sonja Kardorf

"Die Bewertung von ESG-Risiken zählt für uns tatsächlich zu den größten Herausforderungen. Wir benötigen jede Menge Daten, müssen in der Lage sein, diese zu erheben und in die bestehenden Systeme zu integrieren."

Sonja Kardorf, Vorstandsmitglied der Deutschen Leasing

Gibt denn der Gesetzgeber hier keinen Rahmen vor?

Sonja Kardorf: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat zwar vor einigen Jahren ein „Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken“ veröffentlicht, das als Kompendium unverbindlicher Verfahrensweisen („Good Practice“-Ansätze) angewendet werden soll. Die Erwartungshaltung der Aufsicht für eine praktische Umsetzung im Risikomanagement ist jedoch noch nicht hinreichend klar formuliert. Das gilt auch für die im Juni 2023 verabschiedete siebte MaRisk-Novelle für deutsche Institute. Sie enthält zwar die verpflichtende Vorgabe, nachhaltigkeitsbezogene Risiken explizit im Risikomanagementzyklus zu berücksichtigen, bleibt aber – was die konkrete Umsetzung anbelangt – noch unkonkret.   

Wie finden wir denn vor diesem Hintergrund zu einem einheitlichen Verständnis und gemeinsamen Standards bei der Bewertung von Risiken? 

Sonja Kardorf: Zunächst einmal arbeiten wir daran, innerhalb des Risikobereichs ein einheitliches Verständnis und einen gemeinsamen Wissensstand zu den unterschiedlichen Ausprägungen physischer und transitorischer Risiken herzustellen – wie zum Beispiel auf dem internen Risikotag 2023, an dem wir uns intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt haben. Auch eine einheitliche Begrifflichkeit ist wichtig, denn auch Begriffe können – etwa übersetzungsbedingt – unterschiedlich interpretiert werden. „Environment“ kann zum Beispiel allgemein „Umfeld“ oder konkreter „Umwelt/Natur“ bedeuten. Hier brauchen wir eindeutige Definitionen. 

Eine allgemeingültige Guidance bietet uns intern zum Beispiel unsere „Nachhaltigkeits-Leitlinie“. Diese haben wir auf Basis unserer Haltung, wie auch im Abgleich mit unseren Peers-Vergleichs entwickelt und sie beinhaltet unter anderem eine Liste von Ausschlusskriterien.

Wir sind also auf dem Weg, müssen aber – in Ermangelung allgemeiner Standards – wie andere Unternehmen auch noch eigenständig die passenden Lösungsansätze für uns und unser Geschäftsmodell finden?

Sonja: Es gibt in der Tat noch nicht die eine richtungsgebende „Best Practice“, sondern ein Nebeneinander unterschiedlicher Ansätze und Methoden. Dafür bestehen aber andererseits entsprechende Freiheiten in der Umsetzung. Wer sich heute als „Early Mover“ ernsthaft in der Tiefe mit ESG-Risiken befasst, kann früh wichtige Erfahrungswerte sammeln.

Dabei sind wir auch nicht allein, sondern intern und extern gut vernetzt. Im Risiko-Ressort stimmen wir uns beispielsweise sehr eng mit den Kolleginnen und Kollegen ab, die mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) betraut sind. Auch für sie sind die Analyse und Bewertung von Nachhaltigkeitsrisiken zentrale Elemente.

Auch außerhalb des Unternehmens sind wir im regen Austausch: Unsere Risikomanager und -managerinnen besuchen regelmäßig Fachkonferenzen und Tagungen, sind aktiv in Fachrunden der Verbände (insb. BDL und DSGV) und tauschen sich mit Risikoteams aus anderen Unternehmen aus. Und last but not least mandatieren wir zu ausgewählten Aspekten spezialisierte Berater – für den Branchenvergleich, aber auch für das Aufsetzen und Implementieren von Methoden.

So finden wir step by step die richtigen Lösungen für unser Geschäftsmodell und beteiligen uns in der Tat an der Definition künftiger „Best Practices“. 

Nachhaltigkeits-Beratung

Sie brauchen einen Fahrplan für die nachhaltige Transformation? Kein Problem. Mit einer chancenorientierten Sichtweise unterstützen wir Sie von Anfang an bei der strategischen Ausrichtung und weisen Ihnen den Weg durch den dichten Regulatorik-Dschungel. Selbstverständlich sind wir stets darauf bedacht, Ihnen eine nachhaltige Finanzierung zu bieten, die genau auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist.

Nachhaltigkeit bei der Deutschen Leasing

Wir sind uns unserer Verantwortung für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt bewusst. Als Scharnier zwischen Finanz- und Realwirtschaft tragen wir mit unserem Engagement direkt zur Entwicklung unserer Kunden und letztlich zu einer klimafreundlicheren Wirtschaft bei. Unsere Lösungen für nachhaltige Finanzierung sind darauf ausgerichtet, langfristige, positive Veränderungen zu bewirken.

Unser ESG-Glossar

Erhalten Sie einen umfassenden Überblick über alle relevanten Begriffe und was für Sie als Unternehmer neben einer nachhaltigen Finanzierung wichtig zu wissen ist. Weil wir ein verlässlicher Wegbegleiter auf dem Weg zur klimafreundlichen Zukunft sind.

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