Digitalisierung im Steuerbereich: Warum Handeln jetzt entscheidend ist
Ein konkretes Beispiel für diesen steigenden Handlungsdruck ist die EU-Initiative „VAT in the Digital Age“ (ViDA), die die Modernisierung der Mehrwertsteuervorschriften vorantreibt und Unternehmen in Deutschland sowie Europa vor neue Herausforderungen stellt. Ab dem 1. Januar 2025 wird beispielsweise die Kleinunternehmerregelung überarbeitet und „internationalisiert“, sodass auch ausländische Unternehmer mit Inlandsumsätzen die Kleinunternehmerreglung optional in Anspruch nehmen können. Gleichzeitig wird die elektronische Rechnung (E-Rechnung) ab Juli 2030 EU-weit zur Pflicht. Deutschland hat bereits Anfang dieses Jahres erste Schritte im B2B-Bereich umgesetzt. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, Steuerbetrug einzudämmen und die Effizienz zu steigern, erfordern jedoch erhebliche Anpassungen in den IT-Systemen und Prozessen der Unternehmen.
Doch ViDA ist nur ein Teil des umfassenden regulatorischen Wandels: Mit dem zentralen Zahlungssystem „CESOP“ stärkt die EU seit Januar 2024 zusätzlich die Steuertransparenz. Zahlungsdienstleister in Deutschland sind nun verpflichtet, grenzüberschreitende Zahlungen zu dokumentieren und quartalsweise an das Bundeszentralamt für Steuern zu melden – ein weiterer Schritt im Kampf gegen Steuerhinterziehung. Parallel dazu erhöht die Einführung der globalen Mindeststeuer von 15 Prozent seit 2024 den Druck auf multinationale Unternehmen mit einem Konzernumsatz von mehr als 750 Millionen Euro. Diese müssen künftig detaillierte Mindeststeuerberichte vorlegen, was zusätzliche Anforderungen an ihre Steuerabteilungen stellt.
Steuerprozesse neu denken: Automatisierung als Schlüssel zum Erfolg
„Unternehmen, die bisher etwa bei der Rechnungsstellung noch manuell oder mit einfachen Tools wie Word gearbeitet haben, müssen sich spätestens jetzt mit moderner Technik auseinandersetzen“, warnt Tobias Panzer, Tax Compliance Officerbei der Deutschen Leasing. Dabei gehe es nicht nur um die Implementierung neuer Systeme, sondern auch um eine grundlegende Überarbeitung der Prozesse: Wie kommen Rechnungen ins Unternehmen? Wie werden sie verarbeitet und weitergeleitet? Diese Fragen erforderten oft tiefgreifende Anpassungen der Abläufe.
Der Gesetzgeber hat damit ein Umdenken forciert, ergänzt Steffen Pontius, Referent Konzernsteuern bei der Deutschen Leasing: „Früher lag unser Schwerpunkt darauf, unsere Deklarationspflichten zu erfüllen und die entsprechenden Unterlagen fristgerecht einzureichen“, erklärt der Experte. „Heute dagegen verbringen viele Steuerabteilungen einen Großteil ihrer Zeit damit, Prozesse zu dokumentieren und nachzuverfolgen, woher Daten stammen und wie sie verarbeitet wurden.“ Ziel sei es, Risiken zu minimieren und Fehler zu vermeiden – ein Anspruch, der ohne digitale Lösungen kaum noch zu erfüllen ist.
Hier setzt die Steuerautomation an: Sie bietet Unternehmen die Möglichkeit, effizienter zu arbeiten und sicherzustellen, dass alle regulatorischen Anforderungen erfüllt werden. Dabei geht es nicht nur um die Einführung moderner Technologien, sondern auch darum, Kontrollmechanismen zu etablieren sowie Prozesse und Strukturen so aufzubauen, dass die komplexen Anforderungen bewältigt werden können. Ein Beispiel hierfür ist die Implementierung digitaler Tax Compliance Management Systeme (TCMS). Solche Systeme ermöglichen es durch klare Kontrollen wie das Vier-Augen-Prinzip oder automatisierte Prüfungen, Fehler frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Unternehmen, die je nach Unternehmensgröße in angemessenem Umfang solche Kontrollmaßnahmen installiert haben können dadurch sowohl finanzielle (in Form von Säumnis- und Verspätungszuschlägen) als auch strafrechtliche und reputative Risiken minimieren oder sogar ganz vermeiden, Zudem forciert und fördert ein TCMS, dass sich unternehmensintern mit den steuerlichen Prozessen strukturell auseinandergesetzt wird.