Auch der Wochenmarkt ist eine Plattform
Ganz neu ist das Prinzip der Plattformen nicht. Auch ein Wochenmarkt funktioniert so: Er bietet einen Ort, an dem der Bauer für seine Kartoffeln Käufer findet – und diese jemanden, der ihnen Kartoffeln verkauft. Die Krux solcher Marktplätze ist das Henne-Ei-Problem beim Start: ohne Nachfrage kein Angebot und ohne Angebot keine Nachfrage. Ist die kritische Masse aber einmal erreicht, wächst der Markt im Prinzip von allein weiter. Mag das Wachstum eines Wochenmarktes durch sein Einzugsgebiet begrenzt
sein, gelten solche Limitationen für die modernen Megaplattformen nicht. Ihr Marktplatz ist das nahezu grenzenlose Internet, und die Digitalisierung ist der Turbo für ihr Wachstum. Und wachsen müssen die Plattformen, um schnell marktbeherrschend zu sein und die Regeln des Marktes bestimmen zu können. Denn eine Tendenz zum Monopol ist ihre Natur, sagt der kanadische Wirtschaftswissenschaftler Nick Srinec. Und um das zu erreichen, gilt das Mantra der Start-ups im Silicon Valley: „Grow fast or die slow“ – wachse schnell oder stirb langsam.
Die großen Plattformen folgen dieser Logik auf eine Art und Weise, die einer traditionellen Wirtschaft, die nach Kennzahlen wie Ebit steuert, ganz und gar widerspricht. Am Anfang steht oft eine Durstphase. Wie lange diese dauern kann, zeigt der Online-Händler und Cloud-Betreiber Amazon: In den ersten 20 Jahren seiner 25-jährigen Existenz machte das Unternehmen meist Verluste, gelegentlich kleinere Gewinne. Erst 2018 schien sich das lange Wachstum auszuzahlen: Amazon erzielte einen Reingewinn von 10 Milliarden US-Dollar.